Geschichte



Die Geschichte Olympias

Keine Angst, ich werde Sie nicht mit langweiligen Daten überhäufen. Mir kommt es nur auf das Verständnis der Zusammenhänge an, trotzdem ist die Geschichte auch recht interessant.

Olympia liegt in Arkadien, genauer in Triphylien, was wiederum Land der drei Stämme oder der drei Bezirke bedeutet. In diesem Gebiet lag der Fürstensitz des legendären Nestor. Die nächst größere Stadt in der Nähe war Pisa (nicht zu verwechseln mit Pisa in Italien). Durch die agrarisch reiche Gegend gab es in der Umgebung jede Menge an Kultplätzen für Erdgottheiten, wie Demeter, Gaia, Artemis oder Aphrodite. Somit hatte auch Gaia am Gaion, einem kleinen Vorsprung des Kronion, einen Kultplatz, allerdings ohne Gebäude.

Das Gelände zwischen Alpheios und Kladeos wurde schon in der frühen Bronzezeit besiedelt. Entsprechende Siedlungsreste wurden gefunden, die bis in in das 3. Jahrtausend vor unserer Zeit zurückreichen, dem sogenannten Frühhelladikum. Zwischendurch wurde das Gelände wieder verlassen. Bis dahin wurde zumindest das Pelopion kultisch genutzt, wie man erst kürzlichst (in den 1980er/90er Jahren) festgestellt hat. In mykenischer Zeit wurde das Gelände wieder besiedelt. In dieser Zeit dürften weite Teile das Gelände als heiliger Bezirk ausgesucht und für kultische Zwecke verwendet worden sein. Östlich des Heraions wurden die Reste eines frühen Apsidenhauses gefunden, das in nachmykenischer Zeit als Grabstätte und Heroon Verwendung fand und aus dessen Typ später der Apsidentempel entwickelt wurde, aus dem wiederum der Peripteraltempel entstand. Während ursprünglich nur Erdgottheiten, wie Kronos und Gaia, geehrt wurden, dürfte mit der dorischen Wanderung der Zeuskult in Olympia Einzug gehalten haben, der aber, wie die Erdgottheiten, unter offenem Himmel verehrt wurde.

Bis zum 10. Jhd. v.u.Z. wurde Zeus zum primären Mittelpunkt der Verehrung. Interessanterweise wurde sein Altar auch der Mittelpunkt der Seher, also des Orakel. Seitdem erhielt Olympia immer mehr an Bedeutung in der Region, sodaß es nötig wurde Schatzhäuser für die Weihegeschenke zu bauen. Diese waren damals nötig, weil noch keine sicheren Tempel gebaut wurden und sie bestanden noch aus Lehm und Holz, also einfache Bauten. Um 600 v.u.Z. wurde der erste Großtempel in Olympia gestiftet, der Heratempel. Natürlich war das fruchtbare Land südlich des Aphaios ein begehrtes Land und die Eleer eroberten das Land so um 580 v.u.Z.. Bei dieser Eroberung ging es nur um das Land, das Wohlstand versprach und nicht um Heiligtümer. Das Leben und der Kult in Olympia gingen ohne Änderungen normal weiter. In dieser Zeit entwickelte sich das Bauwesen weiter und die ersten Schatzhäuser aus Stein wurden gebaut. 476 v.u.Z. wurde in Olympia ein großes Kultfest abgehalten, das eher einer Siegesfeier glich, nachdem die Griechen über die Perser gesiegt hatten. Dieser Sieg wurde zum Anlaß genommen, einen großen Tempel für Zeus zu stiften. Die Zeusstatue im Tempel war auch einem Sieg zu verdanken, nämlich dem Sieg der Eleer über die früheren Herrscher der Gegend. Später, 402 v.u.Z., verliert Elis allerdings die Vorherrschaft über Triphylien und muß diese wieder an die Arkader abgeben, allerdings darf es weiterhin das Kultgelände verwalten. Der Grund war ein Sieg der Spartaner gegen Elis. Nach einem weiteren Krieg 365 v.u.Z., diesmal gegen die Arkader, verloren sie auch die Herrschaft über Olympia. Bis dahin wurde aus Olympia ein überregional sehr angesehener Kultplatz und der Verlust wog schwer, so schwer, daß beim nachfolgenden Kultfest 364 z.u.Z. die Eleer diesen durch einen Überfall störten, der ihnen wieder die Kontrolle über Olympia einbrachte. 146 v.u.Z. kommt Griechenland unter römischer Verwaltung und somit auch Olympia. Der Kult ging aber unverändert weiter, aber obwohl die Römer die griechische Kultur schätzten und sich nicht in den Kult einmischten, war deren kultureller Einfluß nicht aufzuhalten und Olympia änderte sich erheblich.

Unser Geschichtsbild von Olympia ist von den Wettkämpfen getrübt. Wir assoziieren nur die olympischen Spiele mit Olympia. Diese Spiele waren aber nur ein Teil der kultischen Handlungen, die erst im Laufe der Entwicklung des Kultplatzes Einzug erhielten. Sie waren mal mehr mal weniger wichtig für die Kulthandlung, aber die Spiele standen nie für sich selbst, sie waren immer Teil des Kultes, meist nur ein untergeordneter Teil. In Olympia ging es vordergründig um den Kult an den Göttern und den daraus resultierenden Kulthandlungen. Auch wenn es das Weltbild zerstört, das wir uns gemacht haben, aber diese Korrektur ist wichtig, um die Stellung Olympias oder der griechischen Kulte überhaupt zu verstehen. Somit sind die nachfolgenden Schilderungen, die mit den Spielen zu tun haben nur der Popularität dieser geschuldet und nicht ihrer Wichtigkeit.

Der Überlieferung nach fanden die ersten Wettkämpfe fanden im Jahre 776 vor unserer Zeitrechnung statt. Dieses Jahr wurde bei den Griechen auch als der Anfang ihrer Zeitrechnung genommen. Damals gab es anscheinend nur den Wettlauf, den ein Sportler aus Elis, unter deren Verwaltung Olympia lag, gewonnen hatte. Das Wagenrennen dürfte etwas später hinzugekommen sein, das fortan einer der wichtigsten, bzw. spektakulärsten Ereignisse der Spiele war.

In unseren Köpfen geistert auch die Vorstellung des Gottesfriedens während der Spiele. Auch mit dieser Vorstellung muß aufgeräumt werden. Es war nur ein von griechischen Dichtern erfundenes Ideal, das nie wirklich Realität war. Die Griechen waren zu sehr, bis zur Selbstdemontage untereinander zerstritten, als daß man wegen kultischen Handlungen irgendwo in Griechenland Feindseligkeiten eingestellt hätte. Vor allem gab es so viele religiöse Richungen und Auslegungen, daß man kaum die Authorität eines einzelnen Kultplatzes außerhalb der eigenen Einflußsphäre anerkannt hätte. Einen griechenlandweiten Frieden wegen der Olympischen Spiele hat es nie gegeben.

Weniger bekannt ist das Orakel von Olympia, das damals durchaus von Bedeutung war. Das Orakel befand sich, nach Aussage einiger, über einer Erdspalte, deren genauer Standort leider nicht mehr bekannt ist, aber auf dem Gaion vermutet wird, also dem kleinen Ausläufer des Kronions nördlich des Heraions. Pausanias berichtete über einen Altar der Ge (Gaia), an dem auch orakelt wurde. Übrigens wurde auch im berühmten Delphi über einer Erdspalte orakelt, die sich unter dem Apollontempel befand. Aus den Spalten drangen Gase, die eingeatmet die Priesterin high werden ließ. In Trance wurden dann die Orakelsprüche verkündet, die von anderen Priestern oder Priesterinnen aufgezeichnet und interpretiert wurden. Nach Aussage anderer, wurde aus den Innereien der Opfertiere orakelt, womit der Standort des Orakel der große Zeusaltar war. Auf dem Gelände wurde eine Vielzahl von Gottheiten verehrt. Rund 69 Altäre konnten nachgewiesen werden, wobei einige Götter auf mehreren Altären verehrt wurden.

Die Gästehäuser in Olympia wurden somit das ganze Jahr über von den Gesandtschaften benutzt, die im Auftrag ihrer Regenten zum Orakel gepilgert sind, wie auch von Besuchern. Um die Orakel zu konsultieren, bedurfte es bestimmter Rituale, die Zeit bedurften und nach dem Orakelspruch bedurfte es Zeit über ein Weihegeschenk mit der Verwaltung zu verhandeln.

Blick vom Zeus-Tempel in Richtung Heraion. Die Statuen auf dem Boden sind ungefähr mannsgroß, daraus läßt sich gut auf die Dimensionen schließen.

Die Sagen

Natürlich hat nahezu jeder Kultplatz auch eine Legende, auf der dieser beruht. Der Legende nach fand an dieser Stelle ein Wagenrennen zwischen Pelops und Oinomaos statt. Zu diesem Wagenrennen kam es, als der Ilykische Königssohn Pelops Hippodameia, die Tochter des Königs Oinomaos von Pisa, ehelichen wollte. Aber jetzt mal der Reihe nach.

Pelops war ein Prinz, der den Thron Paphlagoniens von seinem Vater Tantalos erbte. Das Land befand sich im Nodwesten der heutigen Türkei, am schwarzen Meer mit der Stadt Enete als Zentrum, wo auch Pelops eine Zeitlang regierte. In seinem Reich waren auch die Phryger und Lyder. Seine Familie stammte allerdings aus Lydien wohin er auch flüchtete, als er in Paphlagonien vertrieben wurde. Allerdings wurde er von König Ilos von Troja dazu gezwungen auch von dort zu verschwinden. Also machte er sich mit seinem Gefolge und seinem ganzen Hab und Gut über der Ägäis nach Griechenland auf, wo er an der Küste von Elis landete. Dort machte er Bekanntschaft mit Hippodameia, der Tochter von Oinomaos, der wiederum König von Pisa war.

Der Legende nach, war Oinomaos Sohn des Ares und der Harpina, Tochter des Flußgottes Asopos. Die Gemahlin Oinomaos war Sterope, mit der er drei Söhne (Leukippos, Hippadomos und Dysponteus) und eine Tochter (eben besagte Hippodameia) zeugte. Oinomaos war extrem eifersüchtig auf seiner Tochter. Allerdings geht nicht genau hervor warum, ob nun wegen eines Orakels oder was anderem. Jedenfalls war er auch ein extremer Pferdenarr, verbot sogar die Vermischung von Eseln und Pferden und somit die Zeugung von Maultieren. Er hatte somit auch die beste Pferdezucht weit und breit. Wer seine Tochter ehelichen wollte, mußte ihn im Wagenrennen besiegen. Verlor er das Rennen, mußte er sterben, gewann er das Rennen, so durfte er Oinomaos töten, Hippodameia heiraten und somit selbst über Pisa herrschen. Ebenfalls mußte Hippodameia im Wagen des Freiers mitfahren, mit dem Hintergedanken, daß sie diesen ablenkte und Oinomaos somit leichteres Spiel hatte. Das Rennen sollte von Pisa an den Isthmos zum Altar des Poseidon führen. Andere Quellen besagen, daß das Rennen nur bei Olympia statt fand. Wie auch immer, Oinomaos gewährte dem Herausforderer eine halbe Stunde Vorsprung, währendessen er den Göttern einen schwarzen Widder opferte.

Zwölf Freier wagten den Versuch, die auch alle starben. Deren Häupter und Glieder nagelte er zur Abschreckung über den Türen seines Palastes fest, während die Körper auf einem Haufen vermoderten. Die Verlockung war für Pelops zu groß, so bat er die Götter um Unterstützung. Poseidon gab ihm, der Legende nach, einen Wagen, mit dem er auch über Wasser fahren konnte. Mit den besten Pferden und dem göttlichen Wagen ging dieser nun zu Oinomaos und erschrak sich beim Anblick der aufgehängten Leichenteile, sodaß er an seinem Vorhaben zu zweifeln begann. Also bestach er auch den Wagenlenker von Oinmaos, Myrtilos, mit dem Preis der Hochzeitsnacht mit Hippodameia. Dieser willigte ein, da er selbst in Hippodameia verliebt war und manipulierte den Wagen von Oinomaos. Der König fuhr den Wagen selbst und wollte schon zum Abschuß von Pelops ansetzen, als der Wagen auseinander brach und Oinomaos tödlich stürzte.

Der Legende nach fuhren dann Pelops, Hyppodemeia und Myrtilos weiter zur Insel Helena, nahe Euboia. Dort wollte Hyppodemeia etwas zu trinken und Pelops machte sich auf eine Quelle zu finden. Als er mit Wasser zurück kam, kam ihm Hyppodemeia mit Tränen in den Augen entgegen und beklagte sich, daß Myrtilos versucht habe sie zu vergewaltigen. Dieser entgegnete, daß dies doch der Lohn sei für seinen Verrat an seinen Herrn. Pelops schwieg und sie fuhren weiter. Als sie am Kap Geraistos auf der Insel Euboia ankamen, schubste Pelops Myrtilos vom Wagen und er fiel die Klippen herunter. Beim versinken verfluchte dieser noch Pelops und sein Haus. Hermes setzte darauf hin das Bild des Myrtilos unter die Sterne, als das Sternenbild des Wagenlenkers.

Nach dieser Tat, fuhr Pelops bis an den Okeanos, wo er von Hephaistos für seine Bluttat reingewaschen wurde (also ist das auch keine katholische Erfindung wie man sieht). Danach kehrte er nach Pisa zurück, das vermutlich mit den Ruinen auf dem Hügel am anderen Kladeos-Ufer identisch sein dürfte und unterwarf die ganze Halbinsel, die danach nach ihm benannt wurde: Peloponnes, was Insel des Pelops bedeutet. Olympia nahm Pelops vom örtlichen König Epeios, wahrscheinlich in einem Eroberungszug. Da Pelops es nicht geschafft hatte König Stymphalos zu unterwerfen, lud er ihn zu sich ein, was dieser auch tat. Dann ließ er ihn töten und in Stücke hacken, was den Göttern nicht gefiel und ganz Griechenland in eine Hungersnot stürzten. Um die Götter zu besänftigen, feierte Pelops die olympischen Spiele, womit wir schon mal den mystischen Ursprung der Spiele hätten.

Nach einer anderen Sage, wählte Zeus selbst das Gelände für sich aus und sein Sohn Herakles schritt das Gelände der Altis ab. Danach pflanzte Herakles den heiligen Ölbaum, von dessen Zweigen die Siegerkränze der Wettkampfgewinner gemacht wurden. Herakles wurde dementsprechend an einigen Altären auf der Altis verehrt. Wiederum eine andere Sage sagt, daß Herakles nach Beerdigung des Pelops unter seinem Grabhügel, also das Hügelchen im Pelopion, einen schwarzen Widder geopfert hat und dann den heiligen Hain absteckte. Es gibt also mehrere Sagen, die aber alle auf das Gleiche hinauslaufen.

Der Zeus-Tempel von Norden gesehen. Die Statuen auf dem Boden sind mannsgroß und geben so eine gute Vorstellung der Größenverhältnisse, zusammen mit den zwei Griechen, einer auf dem Weg, der andere zwischen den Säulen im Tempel.

Was ist von der Sage zu halten?

Man kann eine Sage nicht einfach so stehen lassen, ohne deren Bedeutung zu verstehen. Nun ist Mythologie nicht gerade mein Fachgebiet, aber um die Sage in ihrer Gesamtheit zu verstehen, dürften die Hintergründe recht interessant sein. Ich überlasse es also lieber den Mythologen. Interessant ist, was Mythologen zu dieser Sage meinen. Danach sehen einige Mythologen Pelops als eingeborenen König Griechenlands. Der Namen wurden anscheinend bei der Wanderung der Achaier nach Kleinasien gebracht. Dortige Kolonisten haben dynastische Namen angenommen und diese Namen bei der Invasion der Peleponnes ca. 1300 v.u.Z. durch die Achaier, wieder auf das Festland zurück gebracht. Hethitische Schriften aus der Zeit von runde 1400 v.u.Z. bezeugen, daß in Paphlagonien griechische Könige damals schon regierten. Das Pferd damals war das europäische Pony. Dieser galt als heiliges Tier des Mondes, wie auch der Esel. Beides ist schon älter als das Symbol des heiligen Sonnenwagen. Mit dem größeren Pferd aus Kleinasien, das rund 1850 v.u.Z. in Ägypten eingeführt wurde und dort ab rund 1500 v.u.Z. Eselgespanne ablöste und einige Jahrhunderte später auch in Griechenland Einzug erhielt, kam auch eine Änderung der Weihung des Pferdes zur Sonne, also zu Poseidon und zu Zeus. Der Eselkult wurde unterdrückt und als Tier des entmachteten Kronos gesehen, als auch der Sonnenwagen zum Symbol der Königswürde wurde. Somit ist das Verbot Onimaios Mulis zu zeugen zu verstehen. Interessant, nicht wahr? Aber es geht noch weiter.

Im Peloponnes wurde, auch nach Übernahme der olympischen Götter, die Abstammung noch immer matrilinear gerechnet, um die konservativen Bauern an der Stange zu halten. Somit ist auch zu verstehen, daß Pelops nur durch die Heirat von Hyppodemeia die Königswürde von ihr übertragen wurde. Die mythische Regierungszeit des Königs, ging nur über 100 Monate, ein sogenanntes großes Jahr. Danach fielen Sonnen- und Mondkalender zusammen und der König mußte sich seinem Schicksal ergeben durch Pferde getötet zu werden. Dem alten Kult machte Oinomaos entsprechende Zugeständnisse, indem er an sieben aufeinanderfolgenden Wintersonnenwenden den scheinbaren Tod erlitt. Das war wohl eine symbolische Feier. Dabei wurde für einen Tag ein Stellvertreter ernannt, der bis zur Wiederauferstehung des Königs an dessen Stelle trat. Dieser mußte an seiner Stelle, an der Seite der Königin im Sonnenwagen fahren. Am Ende des Tages mußte der Ersatzkönig einen Wagenunfall erleiden und der König entstieg der Gruft, in der er sich während der Feiern verborgen hielt und übernahm wieder die Regierungsgeschäfte. Interessant ist, daß dieser Brauch so ähnlich auch in den römischen Saturnalien statt fand, allerdings in weit abgeschwächter Form, obwohl die Saturnalien auch in ihrem etruskischen Ursprung ein Menschenopfer hatten. Somit ist die Geschichte mit den zwölf oder dreizehn Bewerbern erklärt, wobei sich die Erzähler in der Zahl wohl getäuscht haben, denn die 12 oder 13 Bewerber beziehen sich auf die abwechselnd 12 und 13 Mondzyklen in einem Sonnenjahr und nicht auf die sieben Stellvertreter. Übrigens wurden in Olympia bei den Wagenrennen zwölf Runden zu Ehren der Mondgöttin gefahren.

Um wieder auf Pelops zurückzukommen, war er somit im Glück nach den 100 Monaten der achte Bewerber zu sein und somit den alten König endgültig aus der Welt zu schaffen. Wer damals etwas schlau war, konnte sich also seine Chancen ein Königreich zu bekommen errechnen, hatte allerdings nicht allzulange Freude daran. Sie lesen richtig, meine Damen und Herren: im frühen antiken Griechenland gab es also Menschenopfer. Der Ersatzkönig wurde am Ende des Tages getötet. Das fand im Hyppodrom statt, indem er, geistig durch Drogen vernebelt, auf einen Wagen gesetzt wurde, wobei der Splint einer Achse entfernt wurde. Geradeaus passierte nichts, aber sobald der Wagen um die Kurve fuhr, sprang ein Rad aus der Achse, der Wagen kippte um und der Ersatzkönig wurde von den Pferden zu tode geschleift. Was lernen jetzt daraus? Der König konnte anscheinend also nur sieben Jahre regieren, dann wurde er ebenfalls getötet. Dieser Brauch wurde allerdings im mykenischen Zeitalter so langsam getilgt oder war bis dahin sogar ganz verschwunden. Die Sage um Pelops hat somit einige Bräuche vermischt. Mehr noch, eigentlich ist Pelops das Opfer, der vom achten Bewerber getötet wurde. Dieses weil Hyppodemaia ein Name für die Mondgöttin war und um mit ihr vermählt zu werden, also mit einer Göttin, die nicht auf dieser Erde weilte, mußte man wohl sterben. Interessant was uns alte Mythen so offenbaren und wir unser Weltbild über die Griechen doch etwas ändern müßen. Aber um das zu verstehen, sollten Sie den nächsten Abschnitt lesen!

Die Mythologen haben noch weit mehr aus der Sage herausgelesen, aber das sollte vorerst genügen, sonst sprengt es noch den Rahmen.


Der Hintergrund der griechischen Sagen

Um die griechischen Sagen zu verstehen, muß man etwas ausholen und mal etwas in der Zeit zurück gehen, sagen wir mal so gegen Ende der Steinzeit.

Nahezu alle europäische Kulturen hatten weibliche Gottheiten und somit war auch die Pristerschaft weiblich, männliche Gottheiten kannte man noch nicht. Der Mond war das göttliche Symbol, nicht wie viel später die Sonne. Die Mondphasen symbolisierten auch den weiblichen Weg mit zunehmendem Mond, Vollmond und abnehmenden Mond. Diese symbolisierten das Mädchen, die Nymphe (heiratsfähige Frau) und das alte Weib. Alle drei Phasen wurden von der großen Göttin symbolisiert, daraus entstand die dreifaltige Göttin. Die Zahl drei war heilig. Ein weiteres wichtiges Ritual, das mit der Seßhaftwerdung der Menschen zusammen hängt, ist das des Regenmachens. Dieses oblag auch einer Frau. Das Opfern von Blut um die Erde mit dem fruchtbaren Blut zu tränken und das Machen von Regen gehörten zu den zwei wichtigsten religiösen Handlungen.

Gegen Ende der Steinzeit wurde die Menschen in Europa seßhaft und mehrere Clans haben sich zu größeren Gebilden zusammen geschloßen. Es entstanden lockere Staaten mit einem Herrscher an der Spitze. Damals hat sich das Matriarchat aus der Steinzeit weiterhin durchgetzt und eine Königin war die Herrscherin. Diese Herrscherinnen holten sich einen Liebhaber, einen Prinzen, für ein Jahr in den Palast. Der Liebhaber war kein Sexualpartner, ja gut vielleicht auch, aber er war mehr ein Symbol der Fruchtbarkeit. Er symbolisierte auch die Sonne, die Königin den Mond. Nach einem Jahr wurde dieser Prinz in einem Ritual getötet und sein Blut zur Befruchtung von Pflanzen und Vieh der Erde geopfert. Wahrscheinlich haben Pristerinnen sogar dessen Fleisch gegessen. Matriarchat muß man sich nicht so vorstellen, daß der Mann unterdrückt und versklavt war. Er hatte sicherlich seinen festen Platz als Clan-Chef. Die Frau hatte in der Gesellschaft lediglich einen festen Platz als Bewahrerin und Ursprung des Lebens das geehrt wurde. Die ältesten gefundenen Kunstgegenstände symbolisieren diesen Status.

Das Jahr wurde damals aus den Mondphasen berechnet, die je 28 Tage dauert und sich gut durch 364 Tage eines Jahres teilen läßt. Damit dauerte das Jahr 13 Mondphasen, also 13 Monate. Übrigens rechnet sich die Siebentage-Woche auch auch den 28 Tagen eines Mondzyklus. Am 13. Monat verlor der Prinz sein Leben, es war sein Todesmonat. Weil dieser Monat dazu auch noch der mit den kürzesten Tagen war, man spricht von der sterbenden Sonne, hatte er auch einen schlechten Ruf für die abergläubigen. Die Zahl 13 hat bis heute ihren schlechten Ruf behalten. Durch die Einwanderung der Hellenen im 2. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung, vermischten sich das Matriarchat mit dem Patriarchat und der Königin wurde ein König zur Seite gestellt, der natürlich etwas länger leben wollte. Die Erbfolge blieb aber zuerst matrilinear. Das lange Jahr wurde eingeführt. Aus 100 Mondphasen wurde das lange Jahr. Nach diesem langen Jahr, wurde der König, wie gehabt, geopfert. In den Zwischenjahren wurde ein symbolischer König geopfert um die Natur zu befruchten. Mit der weiteren Durchsetzung des Patriarchats verlängerte sich diese Zeit und die Opferung wurde zuletzt nur noch symbolhaft durchgeführt. Viele dieser Riten haben sich bis in mykenischer Zeit gehalten, waren aber ansonsten weitgehend verschwunden.

Viele Sagen der Griechen basieren auf Erzählungen politischer und religiöser Vorgänge aus vorgeschichtlicher Zeit. Vor allem die frühen Sagen erzählen im Grunde immer wieder über die Opferung des Königs im Ritual. Damals hatte man noch keine Bücher und Zeitungen. Es gab nicht soviel zu erzählen, wie mit den Millionen Bücher von Heute. Die relativ wenigen Geschichten haben sich über viele Generationen gehalten und wurden weiter getragen. In diesen Geschichten wurden immer wieder eigene Interpretationen und Sichtweisen eingefügt, je nach Region und Zeit. Somit haben Mythen nahezu immer auch einen wahren, geschichtlichen Kern.

Blick von innerhalb der schattigen Echohalle in Richtung Metroon und Schatzhausterrasse.

Der Ursprung der olympischen Spiele

Mythologen meinen, daß die wirklichen Ursprünge der Wettkämpfe in Olympia von Priesterinnen der Hera ausgingen. Ursprünglich hatte der Kult mit Menschenopfer zu tun. Später wurden die Götter beschwichtigt, indem sich die Matronen (Teilnehmerinnen) mit Schweineblut einschmierten und sich dann mit Wasser wuschen, als Ersatz für das menschliche Blut der Opferung. Wir sprechen von der sehr frühen Zeit, also kurz nach Einwanderung der Ioner im 2.Jht v.u.Z. bis evtl. in die Dark Ages. Es gab 16 Matronen, je eine aus den 16 ursprünglichen Königreichen des Peloponnes. In den vier Jahreszeiten des Vierjahreszyklus diente wohl abwechselnd jede mal der Priesterin als Helferin. Die Siegerin bekam dann einen Ölzweig als Siegerpreis, der damals Symbol des Friedens und der Fruchtbarkeit war. Sie wurde dann auch neue Priesterin der Hera, damals noch Mondgöttin, und löste die alte Priesterin ab. Nach dem ursprünglichen Brauch wurde die alte Priesterin wohl getötet, wie weiter oben schon angedeutet. Später verringerten sich die Dynastien durch Eroberungen und Einverleibungen und jede Dynastie (Königshaus) entsandte zwei Teilnehmerinnen um die Zahl der 16 Matronen zu erfüllen. Die Acht Dynastien nannten sich anscheinend so, wie die acht Namen der Bewerber der Pelops-Sage. Ursprünglich fanden diese Spiele anscheinend alle Jahre im Monat Parthenios statt, also wurde jedes Jahr eine Frau geopfert. Das klingt jetzt sehr brutal, war es natürlich auch, aber wir müßen bedenken, daß die Griechen damals gerade mal der Steinzeit entronnen sind und die Bräuche noch aus dieser stammten und noch etwas rüde waren. Mit Einwanderung der Dorer, wurden die ursprünglichen Götter mit den mitgebrachten vermischt. In ihrer Mythologie sagte man dann, daß sie sich vermählt haben, wie z.B. Zeus und Hera. Mit der Vermählung von Zeus und Hera wurden die Spiele mit dem kindlichen Wettlauf der Männer verbunden. Nach Meinung einiger Mythologen, fanden die Heraiischen Spiele fortan einen Tag vor den olympischen Spielen statt, andere meinen hingegen entweder zwei Wochen vor oder nach den männlichen Spielen. Später wurden diese dann anscheinend zwischen den männlichen Spielen abgehalten, also um zwei Jahre versetzt. Aber wirklich belegt scheint das auch nicht zu sein, man weiß nur mit Sicherheit, daß es diese gab.

Durch die Heirat des Zeus mit der Hera, kam die Sonne zum Mond, was wiederum auch die Geschichte des Königs von Elis ist. Fortan machten auch die jungen Männer ein Wettrennen um die gefährliche Gunst der Priesterin. Der männliche Sieger heiratete die Priesterin, womit dieser auch symbolisch königliche Würde erhielt, womit sich der Kreis der Sagen wieder schließt und eine Verbindung zur Pelops-Sage geknüpft werden kann. Durch den Sieg, erhielt er auch einen kleinen Abglanz göttlicher Ehre, durch die Verleihung des heraklitischen (oder des Zeus) Ölzweiges, danach wurde er mit Blättern überhäuft und durfte in einem Festgelage in der Ratshalle vom Fleisch des geopferten Stieres essen.

Man geht davon aus, daß es ursprünglich auch einen Zweikampf gab, der mit dem Tod des Gegners endete. Auch dieser Zweikampf hatte, nach Pausanias, einen mythologischen Hintergrund: nämlich der des Zeus mit Kronos um die Stadt Elis. Dieser Mythos war eigentlich der Zweikampf zwischen dem Ersatzkönig und dem König, der natürlich mit dem Tod des Königs endete, da der Stellvertreter über einen Speer verfügte, der König hingegen Waffenlos war (siehe auch oben!). Der Sieger erhielt ursprünglich einen Apfelzweig oder einen Apfel als Preis, der ihm Unsterblichkeit sichern sollte. Der Sieger wurde ja zum König berufen und mußte nach seinem Königszyklus sterben, wie wir weiter oben ja schon in Erfahrung gebracht haben. Den Apfelzweig bekam er zur Sommersonnenwende, danach wurde er von seinem Stellvertreter, also dem nächsten Sieger, getötet. Mit dem Erhalt des Ölbaumzweiges, wurde anscheinend irgendwann auch der tödliche Zweikampf abgeschafft. Der Ölbaum galt als Schutz vor bösen Geistern.

Blick auf das Pelopion und dem Zeus-Altar.

Wir sehen, daß Menschenopfer in der frühen Antike teilweise etwas ganz normales waren. Nicht nur die späteren Azteken opferten Menschen, über was wir uns heute mit Abscheu abwenden. Nein, auch in der Wiege unserer europäischen Kultur, wurden Menschen geopfert. Ja selbst mitten in Europa, bei den Kelten, wurden Menschen geopfert, wenn nicht auch bei den germanischen Stämmen. Leider kommt dieser Umstand in nahezu keiner populärwissenschaftlichen Publikation zur Sprache, weswegen diese Traditionen kaum bekannt sind. Wir haben nur das Bild der großen Denker im Kopf, wenn wir über das alte Griechenland nachdenken. Gut, zur Zeit der großen Denker waren nahezu alle Traditionen der Menschenopfer schon lange vorbei. Die Sagen überschneiden sich teilweise und scheinen wiedersprüchlich zu sein, was auf verschiedene Traditionen der verschiedenen Landstriche zurückzuführen ist, wobei aber der Kern der Aussage immer der gleiche bleibt. In späterer Zeit, als es, aus unserer Sicht, etwas zivilisierter zuging, haben sich so einige Bräuche geändert und es galt als unglückliches Omen von Blättern überhäuft zu werden, aber Tradition war nun mal Tradition und daran hat man sich damals krampfhaft festgehalten, weswegen Pythagoras seinen Freunden riet, die an dem Wettrennen teilnahmen, nicht zu siegen.

Puh... bis jetzt war das ganz schön harter Tobak, der mit dem Geschichtsbild, das wir aus der Schule kennen, nicht soviel zu tun hat. Aber seien Sie nun sicher, Sie sind nun erlöst. Viel schlimmer wird es nicht mehr.

Die olympischen Spiele haben somit keinen wirklichen Beginn, sondern einen langsamen Übergang vom ursprünglich zeremoniellen Priesterinnenwechsel zum Königswechsel, hin zur Huldigung an Zeus. Die überlieferten ersten Wettkämpfe 776 v.u.Z. dürften wohl die ersten schriftlich fixierten Wettkämpfe gewesen sein, da sich in dieser Zeit die neue Schrift etablierte. Vorher gab es ja keine Aufzeichnungen, da in den sogenannten Dark Ages keine Schrift zur Verfügung stand und in mykenischer Zeit die Schrift nur der Verwaltung diente, die Priesterschaft aber ihre eigene, geheime Schrift hatte, die sich übrigens an die Formen von Zweigen orientierte und nur intern verwendet wurde. Aber auch das ist wiederum ein anderes Thema.

Eines muß allerdings zu den Spielen gesagt werden. Olympia war nicht der einzige Ort von sportlichen Wettkämpfen. Sportliche Wettkämpfe wurden an vielen heiligen Stätten in ganz Griechenland durchgeführt, wenn nicht gar an fast allen. Sie waren nahezu immer Teil des Kultes, aber kaum der wichtigste Teil des Kultes. Olympia war lange Zeit die bekannteste Stätte, daneben war aber auch z.B. Delphi recht bekannt als Austragungsort von Wettkampfspielen, wie auch andere Stätte. Eigentlich mehr noch, viele andere Stätte waren lange Zeit bekannter als Olympia, das erst im Laufe der Zeit seine Bekanntheit und Bedeutung erlangte. Die Teilnehmer waren überwiegend aus den wohlhabenden Schichten, da sich die ärmeren Schichten es sich nicht leisten konnten ihre Zeit mit Sport zu verbringen. Gegen Ende der klassischen Zeit, Anfang des Hellinismus, bildete sich immer mehr der Berufsathlet heraus, der sein Brot damit verdiente, von einer Wettkampfstätte zur anderen zu ziehen. Ja, es entstanden sogar richtige Gilden, heute würde man wohl Vereine dazu sagen, die aber weiterhin nur der Oberschicht offen standen. Geehrt wurde allerdings nur der Gewinner und nur dieser bekam die entsprechenden Preise. Über den heute gern zitierten Slogen, daß dabei sein sei alles, hätte ein damaliger Grieche nur lachen können. Siegen hieß für den Griechen alles. Nur der Sieger galt etwas, alle anderen galten nichts. Es gab keine zweiten und dritten Plätze und somit auch keine Siegertreppchen.


Das Ende

Anfang der 90er Jahre wurde ein Rest einer Bronzetafel gefunden, auf der noch die Sieger bis 385 n.u.Z. vermerkt waren. Somit kann man davon ausgehen, daß die Spiele etwas länger dauerten, als bisher vermutet. Inzwischen weiß man sogar, daß diese bis in das erste Jahrzehnt des 5. Jahrhundert dauerten. Mit der Schleifung des Heiligtumes durch die Christen, wurden einige Gebäude eine Zeit lang noch teils landwirtschaftlich genutzt, die Werkstatt des Phidias zu einer Kirche umgebaut. Irgendwann dürfte das Gelände, wegen der häufigen Überflutungen des Kladeos verlassen worden sein. Danach begann der Kladeos das Gelände, durch die regelmäßigen Überschwemmungen, so gegen dem 8. Jhd langsam mit den Schwämmstoffen zu überdecken. So gegen dem 9. Jhd. n.u.Z. dürfte das Gelände so ziemlich komplett überdeckt gewesen sein und blieb es bis Ende des 19. Jhd. deutsche Archeologen mit der Ausgrabung begannen.






Text und Bilder: Copyright by Alice Fedrizzi, webmaster@alices-world.de
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